Das Denken ist möglicherweise die Hauptbeschäftigung des Menschen. Ein stetiger
Gedankenfluss sucht sich seinen Weg in den Köpfen. Auf diesen Seiten möchte ich mit der interessierten Leserin und dem interessierten Leser ein wenig an den Ufern dieses Flusses spazieren, vielleicht auch hin und wieder eine Strecke auf dem Fluss fahren oder sogar eintauchen;

andermal den Verlauf des Flusses wie auf dem Foto aus der Vogelperspektive auf mich wirken lassen, um dann wieder eine entnommene Probe in meinem Hobby-Labor zu analysieren. Wer möchte, kann mich dabei ein Stückchen begleiten.
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Gibt es eigentlich irgendeine Tätigkeit, welche wir so stetig und unaufhörlich ausüben, wie das Denken? Selbst wenn wir das Atmen als Tätigkeit oder Beschäftigung bezeichnen möchten, so scheint es doch leichter zu sein, den Atem für einige Sekunden anzuhalten, als mit dem Denken aufzuhören. Oder können wir ebenso den Gedankenfluss in unserem Kopf stoppen?
Dass dieser scheinbar unerschöpfliche Quell, welcher den Gedankenfluss nährt, unser Tun und Lassen, unser Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit, ja unser ganzes Leben deutlich beeinflusst (nicht von Ungfähr hier die Wortparallele des Flusses), dürfte auf der Hand liegen. Es wird und wurde viel über das Denken philosophiert und geforscht, gesagt und geschrieben. Im Verhältnis zur Masse der Gedanken, welche auf der ganzen Welt von allen Menschen in summa gedacht werden, ist alles zu diesem Thema Veröffentlichte jedoch unangemessen wenig. Um hier nun aber nicht nur schon Geschriebenes zu wiederholen, möchte ich vor allem versuchen, quasi eine Lehre vom Gedankenfluss zu entwickeln, welche uns im Alltag hilft, den immensen Einfluss, welchen das Denken und die Gedanken auf unser Leben haben, irgendwie besser "in den Griff" zu bekommen. Schon sehr lange bin ich der Meinung, dass schon in der Grundschule das Fach "Denken" als dem Lesen und Schreiben gleichwertiges Unterrichtsfach auf den Lehrplänen stehen sollte. Sofort klingeln bei Nennung dieses Vorschlags natürlich die Alarmglocken, von wegen "Gehirnwäsche" oder "Gedankenpolizei". Daher beinhalten meine Betrachtungen auch mehr das Phänomen des Gedankenflusses und nicht so sehr die Gedankeninhalte, wiewohl letztere auch häufig zur Vertiefung herangezogen werden müssen. Aber das, was ich als Unterrichtsfach für die Heranwachsenden vorschlagen möchte, soll eben nicht von den Gedankeninhalten handeln, also nicht die Kinder lehren, "was" sie denken sollen, sondern "wie" sie ihre Gedanken "verwalten" könnten, damit sie eine möglichst positive, in jedem Falle keine allzu negative Rolle in ihrem Leben spielen.
Zunächst sei noch bemerkt, dass es sich hier weder um eine kommerzielle Werbung für irgendwelche Kurse oder dergleichen handelt, noch um eine wissenschaftliche Abhandlung. Es soll einfach dazu eingeladen werden, über das Denken nachzudenken, mit dem Ziel, den Gedankenfluss in unseren Köpfen vielleicht etwas besser durchschauen und womöglich auch lenken zu können.
Wie nun schon bemerkt, sind wir während unserer schulischen Ausbildung auf mancherlei Tätigkeiten des späteren Lebens mehr oder weniger gut vorbereitet worden, auf das Denken aber überhaupt nicht. So bleibt uns nur, außerhalb der Schule im Selbststudium hier eine gewisse Fertigkeit zu erlangen. Manch einem mag es in die Wiege gelegt worden sein, mit seinem Gedankenfluss immer perfekt umgehen zu können; mir leider nicht. Wie geht es Ihnen? Ich darf davon ausgehen, dass, wer auf diese Internetseite gestoßen ist und mir bis hierhin gefolgt ist, mit dem Vorgang des "Nachdenkens über das Denken" durchaus vertraut ist.

Menschen, die nicht über den Gedankenfluss in ihrem Kopf nachdenken, werden kaum Interesse an einer Gedankenschule zeigen; das muss nicht heißen, dass diese Menschen unzufriedener sind als wir. "Man kann glücklich dabei sein.", schreibt Hermann Hesse (in "Lektüre für Minuten", Suhrkamp Verlag, entnommen aus "Demian") und weiter: "Aber wenn man einmal das andere weiß, dann hat man die Wahl nicht mehr,...". Wer erst einmal angefangen hat, seinen eigenen Gedankenfluss genauer zu betrachten, den läßt es in der Tat nicht mehr los. Und da ich zwar über die Weltgeschichte, Geographie, Physik, Chemie und Biologie in der Schule einiges gelernt habe, über die "Noematologie" oder wie immer man die Lehre vom Gedankenfluss nennen möchte, aber leider nicht, bleibt mir also nur, einen eigenen Lehrplan aufzustellen für die Gedankenschule, in welcher ich wie auf diesem Foto dastehe und gleichzeitig Lehrer und Schüler bin, gleichzeitig lehre und lerne. Wie leicht oder schwer es ist, eine Didaktik des Denkens, also eine Art und Weise des Lehrens, eine Methode, wie man jemandem (auch sich selbst) den rechten Umgang mit seinem Gedankenfluss beibringt, wird sich zeigen. Es ist eine Herausforderung.
Wichtig dürfte in jedem Falle sein, erstmal genau hinzuschauen. Und da taucht auch schon ein Problem auf, das nicht neu sein dürfte. Ob jemand gut lesen kann, gut Klavier spielt oder malt, läßt sich prüfen und beurteilen. Wie jemand denkt - und natürlich auch was jemand denkt -, ist ihre und seine Privatsache. Sie oder er kann davon berichten, aber was gesagt wird und was gedacht wird, kann schon weit auseinanderklaffen. Hier nun vollmundig von der Entwicklung einer Didaktik des Denkens zu sprechen, dürfte manchem sofort zweifelhaft vorkommen. Richtig ist, dass ich als Schreiber mich hier in erster Linie auf die Beobachtungen der Vorgänge in meinem eigenen Kopf stützen muss. Gleichzeitig kann man aus vielfältigen Äußerungen aber auch schließen, dass der Gedankenfluss, wie ich ihn hier als Hauptthema behandeln möchte, doch bei vielen Menschen ähnlich vorhanden ist: "Diese Gedanken lassen mich nicht los!", "Ich grübele ständig über diese Begebenheit nach!", "Glaubst Du, ich könnte noch an etwas anderes denken?", "Ich habe den Kopf im Moment mit anderen Dingen voll!", "Der hat ja nur Flausen im Kopf.", "Ich bräuchte mal Zeit, um abschalten zu können!" usf. Wer hätte nicht dergleichen Äußerungen schon gehört und gemacht? Sie lassen darauf schließen, dass es in vielen Köpfen ähnlich fließt. Und auch in Romanen und Gedichten, in Dramen und Erzählungen, kurz in der Literatur wird tüchtig gedacht. Auch die alte Bezeichung "Grillen fangen, sich Grillen machen" gehört hierher.
Was ist also los in unseren Köpfen? Der Vergleich mit dem Fluss scheint mir recht gut passend: mal rauschende Stromschnellen, mal stilles Dahinfließen wie auf dem Foto,

dann wieder hin und her mäandernd, plötzlich ein Wasserfall, ein Stau, gar eine künstliche Schleuse oder ein Wehr, mal ein breiter Strom, mal mehrere Flüsschen oder auch nur Bäche, Gräben (vgl. "ich grübele") oder Rinnsale. Wie weit wir diese Vergleiche brauchen können, wird sich herausstellen. Eine andere Vergleichsmöglichkeit auf dem Wege zur Gedankenschulung sind die Betrachtungsmöglichkeiten: wir können den Fluss einfach nur ansehen, an ihm entlang spazieren, mit dem Boot darauf paddeln, darin schwimmen oder tauchen, eine Wasserprobe im Reagenzglas oder unter dem Mikoskop analysieren oder auch aus der Ferne, von einem Turm, vielleicht gar aus dem Weltraum auf ihn schauen oder mit dem Finger auf der Landkarte seinen Lauf verfolgen. Wird das sinngemäß auch mit dem Gedankenfluss in unserem Kopf klappen?
Natürlich ist über das Denken einiges geschrieben worden (wie oben schon erwähnt, nach meiner Meinung im Vergleich zur Wichtigkeit des Gegenstandes verhältnismäßig wenig). Wir werden also schauen, was wir für unsere Überlegungen schon geschrieben vorfinden. Einiges werden wir übersehen, es kann vielleicht später nachgetragen werden. Einiges hilft uns weiter, anderes können wir vernachlässigen. Wichtig ist, dass es uns hier nicht um Gedanken-Power für effektives Arbeiten geht; dafür gibt es Coaching-Kurse. Auch geht es nicht um Meditation mit täglichen Übungen nach festen Ritualen; auch das findet sich anderswo zur Genüge. Ziel ist es, im Alltag dem Gedankenfluss seine manchmal destruktiven Kräfte zu nehmen. Die Betonung liegt hier durchaus auf "Alltag". Ich habe mich allerdings dazu entschieden, die Ausführungen, welche ich an anderer Stelle gefunden habe, innerhalb des Textes nur höchstens mal mit einem kleinen Zitat einzubinden; dafür werde ich an geeigneter Stelle die für unser Thema hilfreichen Stellen anderer Autoren insgesamt betrachten.
Die Frage, in welch einer Situation uns eine Gedankenschulung im Selbststudium helfen kann, muss zuvor klar beantwortet werden! Wenn jemandem etwas wirklich Schlimmes zugestoßen ist, sie oder ihn wirklich extreme Sorgen und Nöte plagen, dann wäre es wohl unverhältnismäßig, davon zu reden oder zu schreiben, hier könnte eine Gedankenschulung leicht Abhilfe schaffen (nicht Abhilfe bezüglich der Situation, sondern Änderung des Befindlichkeitszustandes der oder des Betroffenen). In wieweit hier die Gedankenschule hilfreich sein kann, das ist schwer vorherzusagen. Wir müssen uns erstmal an den Normalfall wenden und dabei prüfen, ob wir uns momentan dazu zählen können. Der "Normalfall" sei hier jemand, der materiell gut da steht, das Nötige zum Leben hat und sich darüber hinaus auch den ein oder anderen Luxus leisten kann. Sie oder er hat ausreichend Freizeit, soziale Kontakte nach ihrem/seinem Bedarf, ist weitestgehend gesund (dazu unten mehr) und im Großen und Ganzen mit ihrem und seinem Zustand "zufrieden".
Und jetzt fällt ihr und ihm plötzlich auf, dass da häufig, zu häufig Gedanken in ihrem/seinem Kopf auftauchen, die völlig unnötig sind, überflüssig (man bemerke auch hier wieder die Endung "-flüssig") und oft bei näherem Hinsehen sogar als störend empfunden werden, zumal wenn sie sich hartnäckig einnisten.
Wenn Ihnen das letzte aus eigener Erfahrung bekannt vor kommt, möchte es sein, dass Sie hier gar nicht so falsch sind!?!
"... bei näherem Hinsehen..." hieß es kurz vor Ende des vorhergehenden Absatzes. Und genau dies wollen wir hier versuchen: Näher "hinsehen"! Kann man Gedanken denn "sehen"? Ja. Viele Bilder schwirren, schöner hier: fließen in unserem Kopf herum. Sicherlich - schauen Sie nur genau hin! - nicht so bunt und prachtvoll wie die Originale oder die Realität (sind sie nur schwarz-weiß? nur Schemen? ohne Hintergund? bloß Ausschnitte und Fragmente?), aber wichtiger Bestandteil unserer Gedanken. Stellen Sie sich jetzt einfach einen Elefanten vor, die Mona Lisa, den Eiffelturm, einen Omnibus. Schauen Sie mal genau hin! Hierüber könnte man schon alleine eine überquellende Internetseite erstellen. Wichtig für
unser Thema ist nur: wir "sehen" unsere Gedanken, wenn es Bilder sind, auch Buchstaben, Zahlen etc. Ich möchte es der Einfachheit aber hier weiterhin nur "Bilder" nennen. Dass auch unsere frühen Vorfahren "Bilder denken" konnten, beweisen die uralten Höhlenmalereien: ob die Menschen damals sprachliche Begriffe verwendeten, bleibt offen. Dass sie aber das Bild eines Pferdes in ihrem Kopf in die Höhle tragen konnten, um es dort an der Wand zu reproduzieren, zeigt uns sogar, wie die Bilder in ihren Köpfen aussahen. Auch wir können natürlich ein Pferd malen, ohne dass es dafür in natura vor uns stehen müsste. Möglicherweise war aber das Denken in Bildern zunächst die vorherrschende Praxis, bevor die Sprache mit ihren Begriffen den Hauptraum in unseren Köpfen zu beanspruchen begann. Ein interessantes Thema, welches unseren Rahmen hier sprengen würde, aber in einem wirklichen Schulfach sicherlich als Hintergrundwissen seinen Platz im Unterricht hätte.
Wenn wir Buchstaben "sehen" können in Gedanken, dann können wir auch in Gedanken "lesen". Probieren Sie es: lassen sie einen Text vor Ihrem inneren Auge ablaufen, so dass Sie alle Buchstaben und Satzzeichen "sehen". Wie empfinden Sie das? Ich meine fast, dass wir das nicht sehr oft praktizieren. Es geht zwar, und jemand der z.B. übt, sich Telefonnummern als "ablesbare" Zahlen abzuspeichern, die sie oder er dann nach Bedarf wieder "liest", also als "Bild" abrufen kann, der wird dieses Verfahren öfter nutzen. Aber mir selber ist das "bildliche Lesen" im Kopf doch eher fremd. Viel häufiger, und das wird wohl der Hauptbestandteil des Denkflusses sein, "hören" wir unsere Gedanken. Wir formulieren Sätze im Kopf, sprechen innerlich. Wenn wir lesen, "hören" wir uns innerlich den Text aufsagen - wenn wir denn "zuhören".
Sie merken, wir behandeln hier tatsächlich nicht die Gedankeninhalte, sondern die Gedankenform. Wir "hören" uns in Gedanken "sprechen", aber auch "singen" können wir im Kopf und dies auch "hören" wie auch andere Musik, Instrumente, fremde Stimmen etc. Nun versuchen Sie aber mal, ein mehrstimmiges Orchester oder eine Band, ein Streichquartett wirklich vielstimmig zu "hören"! Da wird es schon schwierig, finde ich. Einen Dur-Akkord und einen moll-Akkord zu hören, das scheint in Gedanken problemlos zu klappen, wenn man die drei Töne nacheinander innerlich "singt". Aber gleichzeitig? Ist hier nicht unser Thema - aber auch sehr interessant!
Um uns einer Form der Gedankenschulung nähern zu können, ist es leider unvermeidlich, auch ein wenig Theorie zu betreiben. Allein die Verwendung des Wortes "Bewusstsein" muss natürlich zuvor eingegrenzt werden. Es gibt die von Freud vertieften Kategorien des Unbewussten, Vorbewussten und Bewussten. Das Unbewusste oder auch Unterschwellige beansprucht zwar, so vermutet es z.B. Stanislas Dehaene in seinem Buch 'Denken' (in deutsch 2014 im Knaus Verlag erschienen), den Großteil der Gehirnaktivität und wird wahrscheinlich einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Denken haben. Aber für unsere Gedankenschulung können wir mit dem Unbewussten nur sehr wenig anfangen, wiewohl die Lektüre des genannten Buches die Annahme von "unbewusstem Denken" durchaus nahelegt. Psychoanalytische Verfahren, die das Unbewusste zum Vorschein bringen sollen, behandeln in der Regel aber nicht den "Normalfall" im oben beschriebenen Sinne. Die bewussten Gedanken interessieren uns, und hier wie gesagt ihr Fluss, der Raum, den sie einnehmen, die Art, wie sie sich in unseren Köpfen bewegen und breit machen. Wir werden aber sehen, dass wir das "Unbewusste" in Bezug auf unser Handeln durchaus noch zu berücksichtigen haben, wenn wir Gedankenschulung betreiben wollen.
Was nun als "bewusste Gedanken" bezeichet werden soll, will ich kurz umreißen. Hierzu möchte ich zwei Arten von bewussten Gedanken voneinander unterscheiden, welche ich in meinen eigenen Gedankengängen bemerkt zu haben meine: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf dem Balkon und wollen einen schönen Abend ungestört genießen. Es beschäftigt Sie zur Zeit aber akut die Frage, ob Sie ihr reparaturbedürftiges Auto noch einmal in die Werkstatt bringen sollen oder sich besser ein anderes kaufen. Darüber haben Sie den ganzen Tag lang nun schon viel spekuliert, so dass Sie jetzt auf dem Balkon von diesem Fall absehen wollen und mal nicht daran denken möchten. Sie wollen einfach nur die Ruhe, den Sonnenuntergang und das Zwitschern der Vögel genießen. Die Wörter "wollen" und "genießen" werden uns noch vermehrt beschäftigen. Wir nutzen dieses Beispiel im Moment aber nur für die Unterteilung des "bewussten Denkens".
"Was für ein schöner Abend! Wie still es ist; man hört nur die Vögel ihr Abendlied singen. Ob ich das Auto doch noch reparieren lassen sollte? Verdammt, jetzt denke ich schon wieder an das verflixte Auto!"

Wie der auf der Bank sitzende im Bild von dieser Einsicht aufgeschreckt, versuchen Sie nun Ihre Gedanken wieder auf die Ruhe und den Abend zu lenken, ihn zu genießen. Nach 15 Sekunden wechselt Ihr Thema aber wieder zum Auto zurück. Dieses bemerken Sie aber erst, nachdem Sie schon wieder fünf Minuten nur über die Sache mit dem Auto nachgedacht haben: "Jetzt wollte ich doch den Abend genießen, ohne an das dumme Auto zu denken, aber was ist?"
Soweit das Beispiel. Ich bin der Meinung, dass es (mindestens) zwei Bewusstseinsebenen beim Denken gibt: wenn wir selber bemerken, beobachten, untersuchen, was wir gerade denken (oder auch machen), nenne ich, um nicht mit anderen Bezeichnungen in diesem Umfeld zu kollidieren, diese Ebene des Bewusstseins hier das - man erlaube mir die Einführung dieser Fremdwörter! - "skrutare Bewusstsein", vom Lateinischen
scrutari = durchstöbern, zu erforschen suchen, untersuchen. Das gibt es auch beim Sprechen, Lesen, Zuhören etc.: "Was rede ich gerade für dummes Zeug?", fragt man sich manchmal, wenn man sich "skrutar bewusst" zuhört, ich rede dann mit "skrutarem Bewusstsein" für das, was die anderen aus meinem Mund in diesem Moment zu hören bekommen. "Das sind ja sehr interessante Aspekte, die der Autor dieses Zeitungsartikels da verfasst hat!" So kann ich nahezu simultan zum Lesevorgang mit "skrutarem Bewusstsein" denken, also mit "skrutarem Bewusstsein" lesen. Und ebenso kann ich meinen eigenen Gedanken "lauschen" und über sie urteilen, sie einordnen, mich über sie ärgern usf. Im Beispiel haben Sie zu Anfang sofort bemerkt, dass Ihre Gedanken vom Vogelzwitschern zum Autoproblem übergeschwenkt sind. Bei "skrutarem Bewusstsein" ist es Ihnen sofort aufgefallen.
Aber wie oft denken wir ohne dieses "skrutare Bewusstsein". Im Beispiel sind es die fünf Minuten, die "unbemerkt" wieder von den Gedanken an das Auto belegt wurden, was Sie ja eigentlich gerade an diesem schönen Abend auf dem Balkon nicht mehr wollten. "Unbewusst" waren diese Gedanken nicht, da Sie nach fünf Minuten plötzlich merken, dass Sie diese Zeit mit diesen Gedanken beschäftigt waren. Auch an den Inhalt dieser Gedanken können Sie sich gut erinnern (z.B. wenn Ihnen gerade in diesen fünf Minuten ein wichtiges Entscheidungskriterium eingefallen ist); aber wenn es Ihnen "skrutar bewusst" gewesen wäre, dass Sie schon wieder an das Auto denken, hätten Sie ja wie zuvor versucht, diesen Gedankengang wiederum abzubrechen, um wie geplant frei davon den schönen Abend zu genießen.
Ich möchte dieses zweite das "imperzepte Bewusstsein" nennen, vom Lateinischen
imperceptus = unentdeckt, unerforscht, undurchschaut, nicht wahrgenommen, womit wir zwei Termini hätten, mit denen wir arbeiten können, ohne in Konflikt mit anderen Bezeichnungen zum Thema "Bewusstsein" zu geraten. Um dieses "imperzept bewusste" Denken wie oben auch noch auf das Sprechen und Lesen anzuwenden: wie viel reden wir, ohne es im Moment, wo es hörbar ist, mit "skrutarem Bewusstsein" zu begleiten, "Jetzt sage ich gerade diese Worte; sie sind gut gewählt und müßten inhaltlich meine Zuhörer doch überzeugen!" z.B.? Beim Sprechen kommt dies zwar vor, doch das "skrutare Bewusstsein", welches nicht den Inhalt des Gesprochenen formuliert sondern über das Wie und das Was des Gesprochenen räsonniert, dürfte nur eine kleine Rolle spielen. Sicherlich wird in Kursen zum überzeugend Vorträge halten oder Produkte anpreisen dies besonders geschult. Im normalen Alltagsgepräch, bleibt das Wie und sicher oft auch das Was aber doch weitgehend undurchschaut von einem "skrutaren Bewusstsein" im beschriebenen Sinne, wir sind uns des Gesagten nur "imperzept bewusst". Ähnlich ist es beim Lesen. Sicher nehmen wir den Inhalt des Gelesenen auf; er gelangt in unser Bewusstsein und, was wir uns merken können, dann auch ins Gedächtnis. Aber die Tatsache, dass wir lesen, dass das Gelesene uns sehr anspricht, dass es uns langweilt, wird nur hin und wieder sporadisch Teil unserer Gedanken. Das meiste Lesen wir "imperzept bewusst".
Das "Unbewusste" möchte ich nicht mit Fremdwörtern neu eingrenzen, als eine Unterkategorie von "unbewusst" aber einfügen "nicht mehr bewusst". Letzteres um deutlich auszudrücken, dass etwas, was eben noch bewusst war, also bewusst begonnen wurde, plötzlich ins Unbewusste, besser "nicht mehr Bewusste" abgerutscht ist. Und eine zweite Unterkategorie möchte ich einführen, da nicht immer ganz klar gesagt werden kann, ob etwas nun unbewusst oder doch noch bewusst ist, weil ich es z.B. sehe. Ich werde daher vorsichtshalber häufig von "nahezu unbewusst" sprechen. Womöglich können diese kleinen Unterteilungen hilfreich sein. Ob sich etwas noch im schwach "imperzept Bewussten" oder schon im "Unbewussten" befindet, ist manchmal sehr schwer zu lokalisieren. Für unsere Gedankenschulung ist es aber ausreichend, wenn wir einen Schwelle markieren, ab der wir uns "zu nahe" am Unbewussten befinden, so dass wir auch das "nahezu Unbewusste" im Folgenden zum Bereich des Unbewussten hinzuzählen. Nebenbei bemerkt läßt sich der Übergang vom "skrutaren" zum "imperzepten Bewusstsein" anhand des konkreten Gedankeninhalts weit einfacher nachweisen als der Übergang ins Unbewusste. Wichtig ist nun zu schauen, wie sich die Ebenen im Denken und im Handeln verteilen, wann ich mich in welcher Bewusstseinsstufe aufhalte. Hierzu muss zuerst gefragt werden: auf wieviel Bewusstseinsstufen kann ich mich denn gleichzeitig aufhalten? Versuchen Sie, bevor Sie weiterlesen, sich diese Frage aus eigener Erfahrung zu beantworten. Ob hier eine wirkliche Gleichzeitigkeit oder ein nahezu unbemerktes Oszillieren zwischen den Ebenen stattfindet, soll später noch erörtert werden. Was können Sie gleichzeitig bewusst? Denken und essen? Denken und Musik hören? Denken und lesen? Denken und sprechen? Denken, Musik hören und Essen? Denken, Sprechen, Lesen und Musik hören? - Diese Fragen muten fast kurios an. Aber wenn man sich überlegt, welchen Raum das Denken in unserem Leben einnimmt, müsste man sie doch eigentlich beantworten können. Nähern wir uns dem ganzen vorsichtig: Kann ich an zwei Sachen gleichzeitig denken? Haben Sie es ausprobiert? Ich gehe durch die Landschaft und denke: "Wie schön die Bäume im abendlichen Streiflicht wirken! Die tiefstehende Sonne hat doch auch ihren Reiz....", gleichzeitig denke ich "Ich habe nur eine halbe Stunde Zeit für diesen Spaziergang, dann muß ich zum Dienst. Heute wird es anstrengend, fürchte ich leider....." - Funktioniert! Bei genauerer Prüfung scheint es mir, dass die beiden Gedankenstränge nur scheinbar gleichzeitig ablaufen, in Wirklichkeit aber hin und her gesprungen wird, wobei es aber kein Problem ist, beide Gedankenstränge einwandfrei "zu verstehen". Beide Gedankenstränge können dabei imperzept bewusst sein, d.h. skrutar bin ich mir gar nicht bewusst, das ich hier gerade auf zwei Ebenen gleichzeitig denke. Wenn ich mir skrutar bewusst bin, dass und was ich denke, dann muss ich dafür schon eine der beiden Ebenen in Anspruch nehmen: "Wie schön die Bäume im abendlichen Streiflicht wirken! Die tiefstehende Sonne hat doch auch ihren Reiz...." und "Wie schön, dass ich dieses abendliche Licht so deutlich wahrnehme und mich daran erfreue und darüber nachdenke!" Beim skrutar bewussten Denken nehme ich auf der "oberen" Ebene (gern auch als Meta-Ebene bezeichnet) wahr, was ich auf der unteren Ebene denke. Ich kann auch über das Denken nachdenken und auf der Meta-Ebene deutlich wahrnehmen, dass ich dies tue. Wir werden in Beispielen und Übungen zur Gedankenschulung auf diesen Vorgang zurückkommen.
Wie ist es nun mit Handlungen? Wenn ich Musik höre, kann ich an etwas völlig anderes denken (vgl. oben das Beispiel mit dem Autokauf und dem Vogelgezwitscher). Die Musik höre ich dann nahezu unbewusst. Ich kann sie aber auch skrutar bewusst hören, wenn ich gleichzeitig etwas denke wie z.B.: "Was ist das für tolle Musik! Wie klasse die Saxophone hier zusammen kingen! Wie ich doch diese Musik genieße!....." Der reguläre Musikgenuss ist aber imperzept bewusst, wenn ich andächtig, konzentriert, aufmerksam mit meinen Gedanken der Musik folge und sie auf mich wirken lasse, ohne diese Gedanken von einer Meta-Ebene aus bewusst wahrzunehmen. Zwischendurch blitzt hier das skrutare Bewusstsein sicherlich auf, was den Genuss verstärkt, aber wenn wir Musik wirklich genossen haben, dann bemerken wird das wirklich bewusst erst, wenn sie verklungen ist! Dann werden wir uns skrutar bewusst, wie wir imperzept bewusst konzentriert der Musik gelauscht haben oder auch mitgegangen sind, uns von der Musik haben einnehmen lassen. Hier wird deutlich, dass mitnichten das skrutar Bewusste immer den Vorrang vor dem imperzept Bewussten haben muss.
Wie ist es beim Sprechen? Es wurde oben schon angedeutet; skrutar bewusst spricht vielleicht vermehrt jemand, der in speziellen Kursen eine Technik erarbeitet hat, wie er Menschen überzeugen kann, z.B. zum Kauf eines Produktes überreden kann. Unbewusst sprechen wir wohl nur im Schlaf. Der häufigste Fall wird sein, dass wir imperzept bewusst reden, also nicht auf höherer Ebene immerzu darüber nachdenken wie und was wir gerade zu Gehör bringen. Beim Lesen ist es ähnlich. Unbewußt lesen wir, wenn wir einschlafend nicht mehr mitkriegen, was wir gerade lesen, wiewohl wir den Absatz einmal, zweimal, dreimal durchlesen - wir bekommen es nicht mehr mit, weil der Schlaf uns übermannt. Manchmal liest man sicherlich skrutar bewusst, sich deutlich machend, wie der Inhalt einen anspricht z.B. Die Regel ist aber auch hier das imperzept Bewusste. Wir nehmen große Teile des Inhalt in uns auf, ohne weiter darüber nachzudenken, wie das Gelesene uns interessiert, langweilt, bereichert etc.
Schauen wir zuletzt noch auf Tätigkeiten, wie z.B. Geschirrspülen, Autofahren, Rasenmähen etc., also erstmal alltägliche Dinge. Hier sehen wir, dass nebem dem imperzept bewussten das Unbewusste wieder mehr ins Spiel kommt. Das skrutar bewusste flackert sicherlich - wenn überhaupt - immer wieder mal für kurz auf, aber vieles machen wir "nebenbei" - aber woneben? Neben dem Denken! Das Thema Essen wird uns dabei noch näher beschäftigen.
Damit haben wir einen guten Übergang für die Betrachtung der Verteilung auf die verschiedenen Ebenen. Die Gewichtung der verschiedenen Bewusstseinsstufen spielt in der Gedankenschulung eine wichtige Rolle. Was unbewusst an uns vorüber geht, geht uns vielleicht verloren. Bei manchen Dingen ist es nicht schade drum, andere machen aber eigentlich das Leben aus. Was wir imperzept bewusst "erleben", findet manchmal in dieser Form seine eigentliche Bestimmung (z.B. das Musikhören), kann aber andermal in dieser Form nicht die Bereicherung bieten, die möglich wäre (z.B. der Genuß des schönen Abendhimmels). Gerade das "Genießen" wird an dieser Stelle zu seinem Recht kommen oder nicht. Das skrutar bewusst Erlebte wird in den häufigsten Fällen eine deutliche Bereicherung unseres Lebens darstellen - wenn es sich denn auf positive Denkinhalte bezieht. Was die negativen Denkinhalte angeht, davon wird auch noch zu reden sein, wiewohl wir auch hier hauptsächlich den Gedankenfluss betrachten werden und die Möglichkeiten, den negativen Gedankenfluss skrutar bewusst einzudämmen.
Ich möchte zur Anschaulichmachung ein Konszientogramm entwerfen (von lateinisch "conscientia" = Bewusstsein), in welchem der Gedankenfluss auf seinen verschiedenen Ebenen exemplarisch sichtbar gemacht werden soll. Es wird vier Arten von Konszientogrammen geben: Die unterste Stufe ist die imperzept bewusste "sinnhafte Beschäftigung", die ich noch nicht als Genuss bezeichnen möchte, z.B. wenn ich die Zeitung lese, wiewohl hier jeder selber entscheiden darf, ob es für sie oder ihn "schon" ein Genuss ist, oder eben "nur" eine Beschäftigung. Dann käme als zweites der "schlichte Genuss". Unter diesem Begriff möchte ich alles alltägliche Zusammenfassen, was wir genießen können. Es fängt an mit der einfachen - aber skrutar bewussten - Zufriedenheit, der Freude am Dasein, an kleinen Dingen, an der Gesundheit, dem schönen Wetter usf.; im oberen Bereich sind es dann schöne Dinge, die wir haben oder machen, welche uns Freude bereiten (können).

Das dritte ist der kulinarische Genuss und das vierte der "besondere Genuss", wenn wir z.B. etwas nicht alltägliches Erleben. Hierunter fällt aber auch die Freude an einem gelungenen Schwank im Fernsehen, an einem Theaterstück oder einer hochwertigen Lektüre und die Hingabe an ein Musikstück. Der Übergang vom schlichten zum besonderes Genuss läßt sich vielleicht mit dem Moment vergleichen, in dem man bei einer Alpentour die Waldgrenze überschreitet: von der schlichten Freude am Wandern durch den Wald kommt man zum Staunen über das besondere Alpenpanorama. Der besondere Genuss definiert sich überraschender Weise dadurch, dass er imperzept bewusst ist! Das heißt: ich "tauche" so tief und intensiv in den Gedankenfluss ein, dass ich ihn nicht mehr skrutar bewusst wahrnehme, sondern voll und ganz vom Genuss eingenommen bin. Während der besondere Genuss vielleicht stärker und damit höherwertig ist, kommt der schlichte Genuss weit häufiger vor, so dass er in der Gesamtschau durchaus gleichwertig dasteht, wie das Diagramm mit den gleichen Flächeninhalten verdeutlicht.
Nehmen wir zunächst die Geschichte von oben. Sie erinnern sich: Sie wollten den Abend auf dem Balkon genießen, ohne dabei an die Sache mit dem Auto zu denken. Hier handelt es sich um "schlichten Genuss". Der 'schöne Abend' sollte also skrutar bewusst sein und das Auto höchstens unbewusst, so die Planung. Schauen Sie sich das zugehörige Konszientogramm an:

Bei Ziffer 1 startet unser Beispiel auf der (zu den Zeitangaben im Beispiel oben nicht maßstabgerecht dargestellten) Zeitachse. Während Ihr Denken (gelb) imperzept bewusst ist, da Sie ja nicht "über Ihr Denken nachdenken", ist aber der Genuss des Abends (blau) skrutar bewusst: "Wie schön dieser Abend ist.....!" Bei Ziffer 2 hat sich das Auto (grau) in ihre imperzept bewussten Gedanken eingeschlichen, damit ist der schöne Abend recht plötzlich nahezu unbewusst geworden. Dieses fällt Ihnen skrutar bewusst bei Ziffer 3 auf. Sie "holen sich" quasi bei Ziffer 4 den schönen Abend wieder ins Bewusstsein zurück, womit das Auto erstmal wieder "vergessen" ist, nachdem der zu ihm gehörige Gedankenfluss für einen kurzen Moment skrutar bewusst war. Das Denken fällt nach Kurzem wieder zurück in die imperzepte Ebene (Ziffer 5), wodurch auch das Auto wieder Gelegenheit bekommt, den Abend ins Unbewusste abzudrängen (Ziffer 6). Diesmal merken Sie dies nicht alsbald skrutar bewusst, so dass im Konszientogramm deutlich abzulesen ist, dass entgegen Ihrem Vorhaben, das Auto imperzept bewusst die meiste Zeit dieses kurzen Ausschnitts in Anspruch nimmt. Endlich bei Ziffer 7 wird Ihnen dieser Tatbestand wieder skrutar bewusst, so dass Sie bei Ziffer 8 den geplanten Zustand wiederherstellen und den Abend wirklich zu genießen beginnen. Das Beispeil bricht hier ab, aber wie sich vermuten läßt, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass wir bei der Ziffer 4, welche der Ziffer 8 vom Aufbau entspricht, wieder einsetzen könnten, um den weiteren Fortgang zu beschreiben. Wenngleich wir hier die Gendankeninhalte als Kriterium für die Farblinien setzen, so lenken wir unsere Betrachtung doch auf den Gedankenfluss.
Was können wir nun anhand dieses ersten Beispiels für die Gedankenschulung nutzbar machen? Zunächst muss einmal klar sein, was unser Ziel ist. Es muss ja nicht zwingend negativ sein, wenn der größte Teil des Konszientogramms vom Gedankenfluss mit imperzept bewussten Gedanken an das Auto belegt wird. Wahrscheinlich gibt es beim gemütlichen Sitzen auf dem Balkon dennoch einen Erholungseffekt; außerdem kann ja wirklich in diesem Zeitabschnitt die richtige Entscheidung in der Frage 'Reparatur oder Autokauf?' getroffen werden. Wir müssen uns aber fragen: was war geplant? Was wollten wir? Da wir das Thema "Wille" an einer anderen Stelle behandeln werden, bleiben wir erstmal beim Ausdruck "Planung". Geplant war im Beispiel also vor allem, nicht mehr an das Auto zu denken. Hier zeigt das Konszientogramm sehr deutlich, dass das Ziel verfehlt wurde. (Der umgangssprachliche Begriff der "Ablenkung" wird im Konszientogramm sehr anschaulich: die rechtwinkligen Richtungsänderungen der Farblinien zeigen, wie wir vom Eigentlichen abgelenkt werden. Aussagen wie "Ich war halt abgelenkt!" oder "Ich brauche mal eine Ablenkung!" bedeuten nichts anderes, als dass der Gedankenfluss abgelenkt wurde bzw. werden soll.)
Aufgabe einer Gedankenschulung wäre jetzt die Verschiebung der Ziffer 5. bzw. von allem, was rechts davon ist, möglichst weit in Richtung Ziffer 7. Das Auto soll im Unbewussten bleiben und der schöne Abend skrutar bewusst sein. Die Gedanken, selber imperzept, halten Ihnen dabei die Einzelheiten des schönen Abends deutlich vor Augen: "Wie die Vögel schön zwitschern! Diese Ruhe dabei! Und der Blütenduft! Wie schön, dass ich den Abend so genießen kann!" und dergleichen mehr. Und wenn dieser Zustand schon nicht permament aufrechterhalten werden kann, dann soll wenigstens das Auto, wenn es sich denn wieder ins imperzepte Bewusstsein drängelt, schnell wieder im Unbewussten verschwinden.
Zwei Ansätze gibt es nun für die Gedankenschulung im Hinblick auf dieses Beispiel: wir müssten a. (sprich: atens) entweder versuchen, die "Macht" des Gedankenflusses "Auto" zu verringern oder b. (sprich: betens) schneller, eher, besser wieder ins skrutare Bewusstsein gelangen, also merken, dass wir schon wieder den Gedankenfluss "Auto" anstatt "Abend" im Kopf haben. Es handelt sich also in beiden Fällen um die osmotische Kraft (vom chemischen Begriff der Osmose abgeleitet), die einem Gedankenfluss den Übergang von einer Ebene in die benachbarte ermöglicht, welche einmal verringert werden müßte: a. gelangt der Gedankenfluss "Auto", welcher geplant im Unbewussten bleiben sollte, durch seine starke osmotische Kraft in den imperzept bewussten Bereich. Dem imperzept bewussten Denken entgeht dieser Vorgang, wodurch der eigentlich gewünschte Gedankenfluss "Abend" ins Unbewusste "fällt". Wenn die osmotische Kraft hier durch Gedankenschulung soweit verringert werden könnte, dass der Gedankenfluss "Auto" im Unbewussten verbleibt, könnte der gewünschte Genuss des Abends gelingen:

Im andern Fall müsste die osmotische Kraft erhöht werden: Das imperzept bewusste Denken gelangt bei Ziffer 3 im Konszientogramm des Ausgangsbeispiels (siehe oben) von der imperzept bewussten in die skrutar bewusste Ebene, so dass der gewünschte Zustand (bei Ziffer 4) für kurze Zeit wieder hergestellt werden kann. Nach Ziffer 6 reicht die osmotische Kraft hierzu aber für längere Zeit nicht aus. Wenn b. die osmotische Kraft aber größer wäre, könnte sie den unerwünschten Zustand (an das Auto denken) eher wieder in den gewünschten (Genuss des Abends) überführen, was das nächste Konszientogramm verdeutlicht:

Beim Vergleich der beiden letzten Konszientogramme ist leicht erkennbar, dass das zweite nicht so befriedigend wirkt, wie das erste. Es wird zu prüfen sein, auf welche osmotische Kraft wir mit Hilfe der Gedankenschule deutlicheren Einfluss ausüben können. Selbstverständlich wäre das wünschenswerteste eine Erhöhung des Einflusses auf beide osmotischen Kräfte: b. eine Erhöhung der osmotischen Kraft des Denkens bei a. gleichzeitiger Verringerung der osmotischen Kraft des unerwünschten Gedankenflusses ergäbe natürlich das beste Resultat. Im Beispiel: wir würden a. längere Zeitabschnitte nicht an das Auto denken, und wenn der Gedankenfluss "Auto" dann doch ins imperzepte Bewusstsein gelangte, könnten wir es b. eher bemerken.
Wir formulieren also ein erstes Ziel der Gedankenschulung zusammenfassend: GSZ 01 = Veränderung der osmotischen Kräfte des Gedankenflusses.
Anhand dieses Beispiels haben wir nun das Konszientogramm näher kennengelernt. Es zeigt den Gedankenfluss schematisch-anschaulich durch Farblinien des Denkens und der Gedankeninhalte. Der Umgang mit den osmotischen Kräften führt nun dazu, dass wir uns mit dem "Willen" näher zu befassen haben. Die Ausdrücke "geplant" und "erwünscht" haben bisher dazu gedient, zu beschreiben, in welche Richtung die Gedankenschulung zielen solle. Die Frage wird nun immer lauten: "Was will ich?" Es muss ja nichts schlechtes sein, wenn jemand sein Leben fast durchweg imperzept bewusst erlebt. Die Frage ist: Will ich das auch? Wollen Sie das? Was nützt dem Menschen die Fülle an Genussquellen, wenn er sie nicht anzuzapfen weiß? Was bringt eine Glücksquelle, wenn sie unbemerkt, unerkannt, unerschlossen bleibt? Es liegt auf der Hand: wer sich für eine Gedankenschule interessiert (und dies hier liest), die oder der "will" seinen Gedankenfluss besser in den Griff bekommen, nicht zuletzt um sein Leben bewusster zu genießen, was gleich bedeutend ist mit möglichst skrutar zu genießen.
Ob der Mensch nun einen freien Willen hat, darüber muss sich jede und jeder selbst ihre und seine Meinung bilden. Für die Gedankenschule reicht es aus, wenn wir zwei Arten von Willen annehmen: zum einen den Willen, aufgrund dessen ich ein Begehren oder einen Wunsch äußere und auch weiß warum.

Dazu zähle ich durchaus auch, dass ich essen möchte, wenn ich Hunger habe, dass ich schwimmen gehen möchte, wenn es heiß ist usf. Er soll der "wählende Wille" heißen, wobei die Wahl, wie z.B. im Beispiel mit dem Hunger, manchmal nicht allzu frei ist. Uns wird er hier am häufigsten in der Form begegnen, dass wir etwas bewusst genießen möchten, also bei der Wahl zwischen bewusstem Genuss und Verzicht auf den Genuss uns für das erste entscheiden; aber auch, dass wir an etwas nicht denken möchten. ("Ich will jetzt nicht mehr an die Sache mit dem Auto denken!") und dergleichen. Im Falle, dass der wählende Wille aber über längere Zeit nicht "seinen Willen bekommt", weil der Denkfluss nicht das beinhaltet, was "frei gewählt" wurde, möchte ich ihn den "gefesselten Willen" heißen, um klar seine Einflussmöglichkeit - vergleichbar mit der Mobilität des Gefesselten auf dem Foto - mitzubenennen. Im Beispiel wäre der wählende Wille zwischen den Ziffern 6 und 7 im Konszientogramm also ein gefesselter Wille.
Das andere nenne ich den "unfreien Willen": irgendetwas in Ihnen will - im Beispiel - ja offenbar doch an die Sache mit dem Auto denken. Ob es wirklich ein "Wille" ist, sei dahingestellt; ich nutze diesen Ausdruck, nicht zuletzt weil dieser Denkfluss ja doch von uns selbst erzeugt wird. Die Gewichtigkeit des Gegenstandes, und damit am Ende doch unser Wille, sich damit zu beschäftigen, erzeugt die starke osmotische Kraft. Und dann hebt dieser "unfreie Wille" den Gedankenfluss wie im Konszientogramm dargestellt wieder in die imperzepte Bewusstseinsebene. Nicht immer muss der Gegenstand des wählenden Willens damit gleich im Unbewussten verschwinden; hier im Beispiel ist dies der Fall, wir werden andere Beispiele betrachten. Der unfreie Wille schafft es hier also, den wählenden Willen "zu fesseln".
"Die Gedanken sind frei" lautet der Text eines alten Liedes. Sicherlich frei sind sie in Bezug auf "wer kann sie erraten?" und "kein Mensch kann sie wissen, keine Jäger erschießen", wobei man manchmal ja jemandem ansehen kann: "Ich weiß genau, was du jetzt denkst!". Ob die Gedanken frei sind, insofern als dass wir sie frei wählen könnten, daran darf ich aus eigener Erfahrung zweifeln. Wie wir im Verlauf der Gedankenschulung schon gesehen haben und noch sehen werden, hat der "wählende Wille" doch schwer unter der Knute des "unfreien Willens" zu leiden. "Frei" im eigentlichen Sinne sind die Gedanken offenbar nur, indem sie in unseren Köpfen oft machen, was sie "wollen", ohne dass wir es "wollen". Hier dürfte die Gedankenschule ansetzen: Die Kraft des wählenden Willens muss gestärkt werden und der unfreie Wille in die Schranken gewiesen. Damit wäre also GSZ 02 = Veränderung der Willenskräfte.
Wir wollen fortfahren, indem wir nun den "besonderen Genuss" betrachten. Er liegt darin, dass wir von etwas "Schönem" vollständig eingenommen sind. Der Gedankenfluss wird dabei imperzept bewusst, wird tauchen quasi ab im Gedankenfluss, im Genuss. Dies geschieht, wenn wir konzentriert ein Musikstück hören, ein Gemälde betrachten, einen Sonnenuntergang oder ein Alpenpanorama bewundern, selbstvergessen tanzen, ein spannendes, interessantes oder auch lustiges Buch lesen, einen tollen Film sehen oder ein mitreißendes Theaterstück usf. Der Ausdruck "mitreißend" passt hier wunderbar in unsere Fluss-Metaphorik. Beim besonderen Genuss werden wir aber nicht vom Gedankenfluss mitgerissen, um darin zu ertrinken; wir erleben nur die Schwerelosigkeit des Wassers und nehmen eine wunderbare Unterwasserwelt wahr. In der Tat ist der besondere Genuss dann am intensivsten, wenn wir auf Dauer im imperzepten Bewusstsein bleiben. Der Abfall ins Unbewusste - in der Regel verursacht durch das Eindringen eines vom unfreien Willen hergebrachten Gedankenflusses - bedeutet das sofortige Ende des Genusses. Das sich-skrutar-Bewusstwerden des Genusses darf zwischendurch kurz aufflackern, würde aber bei zu häufigem Erscheinen dem intensiven besonderen Genuss nicht unbedingt förderlich sein. Das skrutare Bewusstsein steigert den besonderen Genuss, wenn es nach dessen Abklingen (am Ende der Sinfonie, des gelesenen Abschnittes, gesehenen Films, extatischen Tanzes usf.) ganz deutlich macht: "Mensch, war das fantastisch! Ein wahrer Genuss!" und dergleichen mehr. Ich darf vermuten, dass der Leserin und dem Leser dieses Abschnitts solche "Erlebnisse" bekannt sein dürften. Je nach Interessenlage bei einer mehr im Bereich Musik und beim anderen vielleicht eher im Theater, Film, beim Tanz, beim Tauchen oder beim Sport etc. Nicht zuletzt beim Sport gibt es diesen Effekt ja bekanntlich, dass man ganz und gar z.B. in seinem Dauerlauf versinken kann. Und dieser Vorgang ist dann ebenfalls gleichbedeutend mit dem Nichtvorhandensein eines vom unfreien Willen hervorgerufenen Gedankenflusses. Solange Sie beim joggen noch irgendetwas im Kopf durchdenken, kommt der besondere Genuss nur schwer zustande. Wenn aber plötzlich der Gedankenfluss z.B. an eine bevorstehende Prüfung ins Unbewusste absinkt und Sie zwar nur imperzept bewusst aber intensiv und ohne weiteren skrutare bewussten Gendankenfluss "nur noch joggen", dann kommt der besondere Genuss zustande, über den Sie sich unter der Dusche erst skrutar bewusst werden.
Wie schon beim schlichten Genuss, so spielen auch beim besonderen Genuss die Willenskräfte, also das Verhältnis der Kraft des wählenden Willens zur Kraft des unfreien Willens eine bedeutende Rolle. Die osmotische Kraft des Gedankenflusses muss hierbei genau so stark sein, dass er sich nicht durch einen anderen Gedankenfluss ins unbewusste abdrängen lässt, dass er aber auch nicht oder wenigstens nur selten auf die skrutar bewusste Ebene aufsteigt. Wichtig für den besonderen Genuss ist natürlich das Ereignis. Die Qualität des Musikstückes, Films, Buches, die Intensität des Tanzes oder Sporttreibens usf. spielt selbstverständlich eine große Rolle beim besonderen Genuss. Wenn wir z.B. zwei Aufführungen ein und derselben Oper in verschiedenen Inszenierungen und Besetzungen vergleichen, dann wäre das Vorhandensein von möglichst langanhaltendem besonderen Genuss ein zuverlässiger Maßstab für die Qualität der Aufführung, wenn nicht die Schwankungen der omotischen und der Willenskräfte zu berücksichtigen wären, welche beim Besuch der einen Aufführung völlig anders sein können als beim Besuch der anderen. Auf diesen Qualitätsfaktor bei Musik, Film, Theater oder Buch haben wir keinen Einfluss; auf den Intensitätsfaktor beim Sport vielleicht schon eher, das liegt dann mitunter an der Tagesform.
Schauen wir uns nun ein Konszientogramm für den besonderen Genuss an. Sie gehen ins Kino, Theater oder Konzert. Zunächst hält ein Gedankenfluss (Sie haben am Folgetag ein wichtiges berufliches Gespräch) Sie vom Genuss ab, so dass das Ereignis nahezu unbewusst, in jeden Falle für den Genuss nicht ausreichend bewusst ist, weshalb ich es in der unteren Ebene einzeichne; aber an einem gewissen Punkt hat das Ereignis die Kraft, den störenden Gedankenfluss ins unbewusste abzudrängen und den vom Ihrem wählenden Willen gewollten Gedankenfluss einzunehmen und mit besonderem Genuss zu füllen. Zur Pause oder am Ende werden Sie sich skrutar bewusst, dass Sie das Ereignis wirklich intensiv genießen konnten, ohne an das bevorstehene Gespräch zu denken. Unser Beispiel sähe dann im Konszientogramm etwa so aus:

Der unfreie Wille lässt einen Gedankenfluss ins imperzepte Bewusstsein kommen oder im selben verharren (Ziffer 1), wiewohl das Ereignis (Film, Theaterstück, Sinfonie usf. = Ereignis) schon im Gange ist, was wir aber nur unzureichend bewusst wahrnehmen, um es genießen zu können (blaue Farblinie im unteren Bereich eingezeichnet). Irgendwann reicht aber die Kraft des Ereignisses aus, um den störenden Gedankenfluss ins Unbewusste zu drücken. Im ersten Beispiel musste die osmotische Kraft des Denkens groß genug sein, um ins skrutare Bewusstsein zu gelangen und zu bemerken, dass der "falsche" Gedankenfluss den erwünschten verdrängt hatte. Im diesem Beispiel nun bringt das Ereignis (bei Ziffer 2) eine ausreichende Kraft auf, um den störenden Gedankenfluss (bevorstehendes Gespräch) endlich unbewusst zu machen. (Ob dieses Thema im Unbewussten "weiterbrodelt", können wir nicht beurteilen. Ich behaupte der Übersichtlichkeit halber einfach mal, dass dieser Gedankenfluss im Unbewussten den besonderen Genuss nicht mehr gravierend beeinträchtigt.) Je nach Qualität des Ereignisses hält dieser Zustand im Idealfall bis zum Ende (ggf. zur Pause) an, wo uns skrutar bewusst wird (Ziffer 3), welchen Genuss wir gehabt haben. Dabei kommt uns rückblickend das Ereignis ins skrutare Bewusstsein (Ziffer 4). Nachdem aber das reale Ereignis beendet ist, drängt sich der Gedanke an das bevorstehende Gespräch aber sicherlich schnell wieder ins imperzepte Bewusstsein (Ziffer 6), nachdem unser Denkfluss bei Ziffer 5 schon wieder von der skrutar bewussten auf die imperzept bewusste Ebene herabgestiegen ist.
Peter Sloterdijk gebraucht in seinem Buch "Zur Welt kommen - Zur Sprache kommen" (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988, S.114) den schönen Ausdruck "Machtfeld des Dringlichen". Ich würde den Begriff des "Dringlichen" gerne stellvertretend für den "unerwünschten" Gedankenfluss in die Gedankenschule aufnehmen. Natürlich kann das Dringliche auch positiv besetzt sein: Sie sitzen im Sofa und erleben den besonderen Genuss eines wirklich gut gemachten Fernsehfilms, da jault plötzlich der Rauchmelder im Flur. Selbstverständlich ist der nun einsetzende Gedankenfluss, der Ihren besonderen Genuss sofort beendet, "dringlicher" als jeglicher Genuss. Wir wollen aber für die Gedankenschulung weniger dramatische Inhalte für das Dringliche annehmen wie etwa den in den Beispielen genannten Autokauf oder das bevorstehende berufliche Gespräch. Im Wort "Dringlichkeit" steckt das "Drängen" und auch das "Eindringen". So wie Wasser in den Keller eindringen kann, wenn der benachbarte Bach über die Ufer tritt, so dringt der Gedankenfluss aus unfreiem Willen (denn gewählt hatten Sie ja etwas anderes) ins imperzept Bewusste. Die osmotische Kraft ist groß genug.

Der Ziehende im blauen Sweatshirt auf dem Foto "drängt" auf einen Ortswechsel des Sitzenden im roten Rollkragenpullover. Wenn wir uns nun einen Überblick verschaffen über das Kräftespiel der Gedankenflüsse oder auch des Willens (besser der Willen im plural), dann bemerken wir schnell, dass uns an Arbeitsmaterial noch einige Bezeichnungen fehlen: Nennen wir die osmotische Kraft, welche ein ungewünschter Gedankenfluss aufbringt, um ins imperzept Bewusste zu gelangen die "dringliche Kraft". Auf die Gedankeninhalte des Gedankenflusses, der angeblich so dringlich ist, müssen wir später zurückkommen. Wenn wir nun die Kraft beschreiben wollen, die dieser Gedankenfluss aufbringt, um sich nicht wieder ins Unbewusste zurückdrängen zu lassen, sei es, dass er das skrutare Bewusstsein (schlichter Genuss) nicht "wach" werden lässt, sei es, dass das Ereignis (und damit der Genuss) nicht "besonders" genug ist, so können wir den Ausdruck "dringlicher Widerstand" nutzen. Der wählende Wille oder die Qualität des Ereignisses muss also genug Kraft aufbringen, um den dringlichen Widerstand zu überwinden. Alle weiteren Begriffe schauen wir uns erstmal im Kräfte-Diagramm an.

Von links nach rechts gesehen, bedeuten die Pfeile folgendes: die dringliche Kraft bringt den vom unfreien Willen bevorzugten Gedankenfluss von der unbewussten auf die imperzept bewusste Ebene (grauer Pfeil nach oben), während sie den vom wählenden Willen gewünschten Gedankenfluss von der skrutar bewussten auf die imperzept bewusste Ebene und schließlich ins Unbewusste abdrängt (blauer Pfeil nach unten). Der dringliche Widerstand hält den ungewünschten Gedankenfluss im imperzepten Bewusstsein fest (grauer Pfeil nach rechts). Die Entfesselungskraft ist nötig, um den wählenden Willen zu entfesseln und den von ihm gewünschten Gedankenfluss aus dem Unbewussten heraufzuholen (blauer Pfeil nach oben); sie versucht gegen den dringlichen Widerstand den ungewünschten Gedankenfluss beim schlichten Genuss von der skrutar bewussten und beim besonderen Genuss von der imperzept bewussten Ebene wieder ins Unbewusste zu manövrieren. Das zeitliche Verbleiben des vom wählenden Willen gewünschten Gedankenflusses auf einer der beiden Bewusstseinsebenen (blauer Pfeil nach rechts) heißt "Ausdehnung". Die "Bemerkkraft" (gelb-grauer Pfeil nach oben) bringt unser Denken ins skrutare Bewusstsein; sie ist beim schlichten Genuss die Vorraussetzung dafür, dass die Entfesselungskraft wirken kann. Da uns mit der Bemerkkraft skrutar bewusst wird, dass wir imperzept bewusst mit dem vom unfreien Willen bevorzugten Gedankenfluss beschäftigt sind, hat der gelbe Pfeil einen grauen Kern. Indem dieser Gedankenfluss auf die skrutare Ebene gehoben wird, wird er aber sofort gestoppt - so jedenfalls das Ziel der Gedankenschulung -, weshalb wir ihn auf der skrutaren Ebene im Konszientogramm nicht in zeitlicher Ausdehnung finden.
Damit haben wir ein Vokabular, mit dem wir in der Gedankenschule arbeiten können. Wenn die Ausdrücke zunächst auch noch neu sind, so werden Sie sie in den Beispielen rasch wiedererkennen und gebrauchen können. Schauen wir nochmals auf unser erstes Beispiel, so können wir die Ziele der Gedankenschulung nun noch genauer benennen:

Die dringliche Kraft hat in unserem ersten Beispiel bei Ziffer 2 im Konszientogramm den Gedankenfluss "Auto", also die weiteren Überlegungen, ob das alte Auto repariert oder eine neues gekauft werden soll, ins imperzepte Bewusstsein gebracht und damit die Ausdehnung (skrutar bewusster Genuss des Abends) gestoppt, wiewohl der wählende Wille genau dies nicht wollte. Nachdem die Bemerkkraft uns den Denkfluss bei Ziffer 3 skrutar bewusst gemacht hat, kann die mobilisierte Entfesselungskraft den ohne nennenswerte zeitliche Ausdehnung skrutar bewusst gewordenen Denkfluss "Auto" wieder ins Unbwusste befördern und gleichzeitig den "Abend" erneut skrutar bewusst machen (Ziffer 4).

Die Bemerkkraft lässt wieder nach, der Denkfluss fällt bei Ziffer 5 auf die imperzept bewusste Ebene zurück, die dringliche Kraft ist bei Ziffer 6 groß genug, um die Denkflüsse wieder auszutauschen, wobei im Beispiel nun die Bemerkkraft längere Zeit nicht ausreicht, um dies skrutar bewusst zu machen, so dass dem anhaltenden dringlichen Widerstand keine Entfesselungskräfte entgegengesetzt werden. Der Wille bleibt von Ziffer 6 bis Ziffer 8 gefesselt, eine nennenswerte Ausdehung wird vereitelt.
Ziel der Gedankenschulung muss unter Benutzung des neuen Vokabulars nun sein: GSZ-DK = Verminderung der dringlichen Kraft, GSZ-BK = Trainieren der Bemerkkraft, GSZ-EK = Erhöhung der Enfesselungskraft, GSZ-DW = Schwächung des dringlichen Widerstandes und GSZ-AD = Stärkung der Ausdehnung. Mit dem Erkennen und Benennen dieser Ziele haben wir einen ersten Schritt zu Entwicklung einer Didaktik des Denkens gemacht. Wir sehen auch, dass die oben formulierten Ziele GSZ 01, Veränderung der osmotischen Kräfte des Gedankenflusses, und GSZ 02, Veränderung der Willenskräfte, auf dasselbe hinauslaufen.
Mit diesem theoretischen Wissen können wir schon eine erste Übung zur Gedankenschulung einfügen. Übung I = Trainieren der Bemerkkraft. Versuchen Sie im alltäglichen Ablauf Ihres Tuns und Lassens zwischendurch immer wieder einmal Ihre Aufmerksamkeit auf die Denkflüsse in Ihrem Kopf zu lenken, d.h. sich skrutar bewusst zu werden, welchen Inhalt Ihre Denkflüsse haben (nur das Thema des Gedankeninhalts bennen) und wie schnell die Gedankenflüsse wechseln (von Thema zu Thema): "Aha, jetzt denke ich schon eine geraume Zeit nur über das ..... nach. Zwischendurch waren meine Gedanken aber auch beim ....." oder "Kurz denke ich immer wieder an ....., aber häufiger an ....... und auch an ......". Für diese Übung reicht dieses Bemerken erstmal völlig aus. Wenn Sie es schaffen, immer wieder einen Augenblick die Bemerkkraft so zu aktivieren, dass sie von der skrutar bewussten Meta-Ebene auf Ihre Gedankenflüsse schauen, sind Sie schon ein Stück in der Gedankenschule vorangekommen.
Während wir im "positiven" Bereich inwzischen den schlichten und den besonderen Genuss kennengerlernt haben, fehlen hier noch zunächst als Sonderform des Genusses der kulinarische Genuss und schließlich die sinnhafte Beschäftigung, sei es als Handlung oder als Gedankengang.

Im "negativen" Bereich möchte ich drei Unterteilungen vornehmen, welchen wir zum Teil im Text schon begegnet sind: da wäre zuunterst der "störende" Gedankenfluss, darüber der "unerwünschte" und als drittes der "sinnfreie" Gedankenfluss. Ich werde im Text oft stellvertretend für alle drei immer nur eine Bezeichnung nennen.
Wenn auch der Übersichtlichkeit halber im Konszientogramm die Farblinien meistens längere Phasen auf eine Ebene fixiert bleiben, so liegt es auf der Hand, dass in unseren Köpfen häufig ein hin und her vonstatten geht. Ebenso ist es auch mit den gerade beschriebenen Unterteilungen: eine sinnhafte Beschäftigung kann phasenweise schlichten Genuss bieten, z.B. Analog kann ein sinnfreier Gedankenfluss sich auch schnell als unerwünscht und sogar störend erweisen usf. Wir werden noch untersuchen, inwieweit dies für die Gedankenschulung von Bedeutung ist und wie wir damit umzugehen haben. Wir werden uns jetzt wieder den Kräften zuwenden, damit wir weitere Übungen entwickeln können. Während Sie die Bemerkkraft mit Übung I ja nun schon fleißig trainieren, wollen wir schauen, wie es mit den anderen osmotischen Kräften aussieht, und ob wir jene auch jeweils einzeln für sich in Übungen einbinden können oder ob sich eher eine starke Verquickung zeigt.

Wenn wir z.B. die Ausdehnung herausgreifen, so sehen wir, dass - wie auch der dringliche Widerstand einen Faktor der (zeitlichen) Ausdehnung in sich trägt - die Ausdehnung ebenso einen Faktor des Widerstandes beinhaltet. Während der dringliche Widerstand der Entfesselungskraft stand zu halten versucht, so muss die Ausdehnung sich gegen die dringliche Kraft wehren. Wie es schon auf dem Foto mit dem hellblauen Sweatshirt und dem roten Pullover gut zu sehen war, so zeigen diese beiden Bilder sehr schön den "Widerstand der Ausdehnung", wiewohl die zeitliche Ausdehnung hier wie oben von der Ausdauer des Ziehenden im (hier dunkel-)blauen Sweatshirt abhängt, der mit dringlicher Kraft am Pullover und am Rollkragen zieht, womit auch hier die Vergleichsebene hergestellt wäre. Das als GSZ-AD formulierte Ziel "Stärkung der Ausdehnung" ist also sowohl in Bezug auf die zeitliche Verlängerung des Genusses oder zumindest des sinnhaften Gedankenflusses zu verstehen, als auch auf den - auf den Fotos am Pullover und an der Stellung des Gezogenen gut erkennbaren - zu stärkenden Widerstand gegen die dringliche Kraft. Stellt sich nun die Frage, ob wir in der Gedankenschulung Übungen finden, die direkt zur Stärkung der Ausdehnung führen. Das Training der Bemerkkraft besteht ja wie in Übung I darin, sich den Denkfluss immer wieder für einen Augenblick skrutar bewusst zu machen. Dass wir die Ausdehnung durch Verminderung der dringlichen Kraft positiv beeinflussen können, ist leicht einsehbar. Darauf kommen wir in Kürze zurück. Aber können wir unmittelbar auf die Ausdehnung einwirken. Anhand der Pulloverbilder können wir die Vergleiche sehr schön ziehen: wir spüren deutlich am Pullover, dass wir den Widerstand, den wir aufbringen müssen, damit der Ziehende im blauen Sweatshirt = die dringliche Kraft uns nicht von der Stelle reißt = die zeitliche Ausdehnung des Genusses / sinnhaften Gedankenflusses begrenzt (zugunsten eines sinnlosen, unerwünschten oder störenden Gedankenflusses, versteht sich!). Wie stark oder langanhaltend der Ziehende im blauen Sweatshirt die dringliche Kraft ausübt, darauf haben wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen Einfluss (im weiteren Verlauf werden wir prüfen, ob es Übungen geben kann, welche die dringliche Kraft gemäß GSZ-DK vermindern); der Widerstand aber - der im langgezogenen Rollkragen und in der Haltung des Gezogenen vor allem im linken Bild so deutlich sichtbar wird -, den wir der dringlichen Kraft entgegensetzen, ist doch nichts anderes als unser Beharrungsvermögen. Auf den Fotos das Vermögen uns nicht von der Stelle ziehen zu lassen, in der Gedankenschule die Kunst, einen vom wählenden Willen gewünschten Gedankenfluss im Kopf zu behalten. Schnell wird deutlich: wenn der Ziehende im blauen Sweatshirt stärker ist als der im Pullover, dann wird er sein Ziel, einen Standortwechsel des Gezogenen, erreichen, womit die Ausdehnung (das Verbleiben am gewünschten Ort) zunächst beendet ist.

Auf die Gedankenschule übertragen bleibt uns zu konstatieren: wenn die dringliche Kraft den Widerstand der Ausdehnung übersteigt, wird letztere den kürzeren ziehen.
Daher backen wir erstmal kleine Brötchen und entscheiden uns für eine Übung II, die folgendermaßen aussieht: Übung II = Spüren des Widerstandes der Ausdehnung. Versuchen Sie mithilfe der inzwischen schon etwas durch Übung I trainierten Bemerkkraft den Widerstand zu spüren (so wie der Gezogene im Bild links spürt, wie sehr er sich gegen die auf den Rollkragen einwirkende Kraft stemmen muss), den die Ausdehnung der dringlichen Kraft entgegensetzt. Wenn Sie es also mithilfe der Bemerkkraft (Übung I) geschafft haben, Denkflüsse skrutar bewusst zu beobachten, dann versuchen Sie bitte, sich auch einmal skrutar bewusst zu werden, wie lange die Ausdehnung eines schlichten Genusses angehalten hat, bevor erneut ein Gedankenfluss durch den unfreien Willen ins imperzepte Bewusstsein eingeschleust wurde (siehe auch die sich dem Pullover nähernde linke Hand des Ziehenden auf diesem Foto).
An dieser Stelle schlage ich eine ganz spezielle Praxisanwendung PX1 vor, in der Sie zunächst erstmal die beiden Übungen I und II praktizieren können. Wir werden uns diese Praxisanwendung später auch hinsichtlich der noch hinzukommenden Übungen vornehmen. Zu den Praxisanwendungen, die Ihnen in der Gedankenschule hier begegnen werden, bedarf es noch zweier Vorbemerkungen. Zum einen werden sie vornehmlich den schlichten Genuss betreffen, weil er doch im Alltag das häufigste und damit auch am meisten vernachlässigte Phänomen ist. Während beim besonderen Genuss doch die Qualität des Ereignisses erheblich am Aufkommen des Genusses beteiligt ist, also die Ausdehnung zu einem großen Teil davon abhängt, so ist beim schlichten Genuss das Ereignis in der Regel nicht stark genug, weder die Ausdehnung von sich aus zu verlängern noch den dringlichen Widerstand zu überwinden, wozu das Ereignis beim besonderen Genuss aufgrund seiner Qualität eher im Stande ist. Da wir aber auf das Ereignis bzw. dessen Qualität kaum Einfluss haben, gibt es für den besonderen Genuss weniger Praxisanwendungen in der Gedankenschlule als für den schlichten Genuss. Das zweite betrifft die Gedankeninhalte. Ich hatte oben ja gesagt, dass in der Gedankenschule niemandem vorgeschrieben werden soll, was er zu denken hat, sondern es soll gelernt werden,
wie man besser mit den Gedankenflüssen im Kopf umgehen kann. Bei den Praxisanwendungen geht es aber deutlich um den Gedankeninhalt. Während man in der Philosophie ja heftig kontrovers diskutiert, was a priori, d.h. einer tieferen Herleitung nicht bedürftig, gilt, so können wir in der Gedankenschule problemlos das als a priori geltend annehmen, was der wählende Wille wünscht. Denn dafür besuchen Sie diese Gedankenschule: damit Ihr wählender Wille nicht gefesselt zusehen muss (und da Sie sich ja nun hier befinden, kann ich davon ausgehen, dass er zusieht), wie der unfreie Wille sich durchsetzt. Sie merken schon an diesem Satz, dass der Grund, eine Gedankenschule aufzusuchen, der ist, dass beim Menschen häufig der wählende Wille unfrei ist und der von mir unfrei genannte Wille scheinbar in großer Freiheit macht, was er will. Optimistisch, wie wir aber sind, nennen wir ihn dennoch unfrei, hoffend, dass er eines Tages vom wählenden Willen zumindest in seine Schranken verwiesen wird. Nüchterner betrachtet heißt er selbstverständlich deshalb der unfreie Wille, weil wir offensichtlich so gar nicht frei über den von ihm verursachten Denkfluss bestimmen können. Um nicht weiter abzuschweifen: wenn ich in den Praxisanwendungen zum schlichten Genuss Gedankeninhalte verwende, dann ergeben diese sich ausschließlich aus dem vom wählenden Willen erstrebten Gedankenfluss, was gleichbedeutend ist mit dem schlichten Genuss. Das,
was Sie genießen wollen, habe ich inzwischen schon mehrfach das "Ereignis" genannt, sowohl beim besonderen als auch beim schlichten Genuss; der unfreie Wille nährt sich aus dem "Gegenereignis", wie ich es nennen möchte.

Wie der schlichte Genuss zustande kommt, haben Sie schon anhand der Konszientogramme gelernt. Dass das Denken den Hauptanteil am Aufkommen von Genuss hat, nehmen wir als Erfahrungswert an; wenn noch weitere Komponenten zu berücksichtigen sind, so sind sie nicht Sache der Gedankenschule. Daher können wir ohne weiteres für die Praxisanwendung in der Gedankenschulung formulieren: um ein Ereignis genießen zu können, muss der Ereignisinhalt gleich dem Gedankeninhalt sein. Was wir nun genau unter dem Ereignisinhalt zu verstehen haben, wird sich bei den verschiedenen Praxisanwendungen zeigen. Je mehr der Ereignisinhalts also dem Gedankeninhalt gleicht, desto langanhaltender der Genuss. Die Größe des Genusses hängt wie gesagt immer auch von der Qualitätsstärke des Ereignisses ab, kann aber durch Ausdehnung auch wachsen. Ausdehnung + Stärke = Größe des Genusses. Mit der Gedankenschulung wollen wir die Ausdehnung verbessern, womit - auch bei gleichbleibender Qualitätsstärke - der Genuss
größer wird. Wenden wir uns nun der ersten Praxisanwenung zu, welche Sie auf einer
extra-Seite finden, die sich öffnet, wenn Sie hier klicken/tippen.
Wenn Sie nun wieder hier auf der Hauptseite gelandet sind, möchte ich den letzten Satz der PX1 etwas relativieren: so wie die Kinder morgens zur Schule gehen und nachmittags, heutzutage oft auch erst abends nach Hause kommen, soll auch die Gedankenschule nicht verbissen betrieben werden. Nehmen Sie sich aus freien Stücken immer wieder mal vor, eine Übung oder Praxisanwendung zu machen, ohne sich jetzt ständig eine Zwang auferlegen zu müssen. Der Schulbesuch hier ist freiwillig, also gehen Sie die Sache locker, aber mit dem nötigen Ernst und Fleiss an, wenn ein Erfolg dabei herauskommen soll. Und wenn Sie bei PX1 gedacht haben: "Was? Ich soll beim Duschen pausenlos innerlich über alle Einzelheiten des Duschvorgangs sprechen? Das kann's ja wohl nicht sein!", dann muss ich entgegnen: "Das ist es!" Über dem Eingang der Gedankenschlule steht 'Ich bin, also denke ich!' Für PX1 heisst das: 'Ich dusche, also denke ich!' Und wenn Sie nicht ans Duschen denken, dann an etwas anderes. Wenn Sie nur sauber werden wollen, ist das kein Problem; für uns in der Gedankenschule schon. Und nun weiter in unseren Betrachtungen.
Das Ziel GSZ-EK sieht eine Erhöhung der Entfesselungskraft vor. Wenn wir uns noch einmal die drei Konszientogramme von PX1 vor Augen halten, dann bemerken wir, dass beim ersten die Bemerkkraft versagt, so dass die Entfesselungskraft gar nicht zum Zuge kommt, der Wille bleibt lange gefesselt. Im dritten hält die Ausdehnung der dringlichen Kraft stand, so dass die Entfesselungskraft ebenfalls nicht großartig zum Einsatz kommt, der wählende Wille ist nicht gefesselt. Lediglich beim zweiten Konszientogramm sehen wir die blaue Farblinie, nachdem sie im Keller gelandet ist, durch die Entfesselungskraft immer wieder nach oben schnellen, nachdem dies durch den Einsatz der Bemerkkraft veranlasst werden konnte. Hier ist der wählende Wille immer wieder kurz gebunden und die Entfesselungskraft wird jedesmal wieder aufgebracht, ihn zu lösen. Auf den Fotos können wir also dem Ziehenden im blauen Sweatshirt unterstellen, dass er mich gleich fesseln wird, so wie oben im gelben Rollkragenpullover, und mich dafür woanders hinzieht. Entweder bleibe ich lange so gefesselt oder ich kann mich alsbald losmachen, werde aber gleich wieder am Rollkragen zurückgeschleppt und wieder gefesselt usf. oder ich schaffe es, ungefesselt zu bleiben. Dieses wäre der Vergleich mit den drei Konszientogrammen, an denen Sie also erkennen, dass die Entfesselungskraft, egal ob der Wille schon lange gefesselt ist oder immer wieder loskommt aber gleich erneut gefesselt wird, beim schlichten Genuss vollkomen von der Bemerkkraft abhängt, hier aber offenbar stets stark genug ist, um die Denkflüsse auszutauschen, während sie beim besonderen Genuss vom Ereignis aufgebracht wird. Die Erfahrung zeigt also, dass beim schlichten Genuss, sobald das Denken skrutar wird und wir bemerken, dass der unfreie Wille schon wieder seinen Gedankenfluss im imperzepten Bewusstsein untergebracht hat, es relativ unproblematisch ist, die nötige Entfesselungkraft aufzubringen, um den wählenden Willen zu entfesseln. Im Konszientogramm gelingt dies durchgehend, das Problem ist die Ausdehnung. In PX1 werden Sie, sobald Ihnen auffällt, dass ein störender Gedankenfluss Sie vom Duschgenuss abhält, sofort die Entfesselungskraft aufbringen, um das Duschbad alsbald wieder zu genießen. Dieses kann aber von sehr kurzer Ausdehnung sein, wenn die dringliche Kraft zu hartnäckig ist. Für die Gedankenschlung des schlichten Genusses ist GSZ-EK also nicht besonders wichtig: eine Erhöhung der Entfesselungskraft scheint nicht vonnöten zu sein. Umgekehrt scheint auch die Stärke des dringlichen Widerstandes der Entfesselungskraft generell unterlegen zu sein, lediglich das Unbemerktbleiben und das wiederholte Unterbrechen der Ausdehnung macht den dringlichen Widerstand so gefährlich, er widersetzt sich hauptsächlich der Bemerkkraft. Eine Übung zur Erhöhung der Entfesselungskraft wird daher hier nicht eingeschoben.
Vielmehr wenden wir uns endlich der dringlichen Kraft zu. Wie wir an den Pulloverbildern gesehen haben, geht es uns mächtig an den Kragen. Auch wenn ich davon ausgehen kann, dass Sie zu den 99,9% der Gedankenschülerinnen und -schüler sowie Menschen überhaupt gehören, die so gut wie nie Rollkragenpullover anziehen, zeigen die Fotos sehr anschaulich, was sicherlich wiederum 99,9% der Weltbevölkerung und sicherlich 100% von Ihnen, die Sie das hier durcharbeiten, in ihren und Ihren Köpfen vorfinden - Sie sicherlich häufig skrutar bewusst, viele womöglich ihr Leben lang unbewusst. Die dringliche Kraft will also den wählenden Willen fesseln, wenn möglich langanhaltend; und wenn Ihre Bemerkkraft schon zu gut trainiert ist, dann läßt der unfreie Wille erst recht keine Sekunde locker: er hetzt die dringliche Kraft immer und immer wieder auf die gerade zustande gekommene Ausdehnung, welche nur mit ausreichendem Widerstand eine Chance hat. Sie haben gelernt, dass es nicht die Entfesselungskraft ist, an der es uns mangelt und die wir der dringlichen Kraft entgegensetzen müssten, so wie es das Kräftediagramm suggeriert. Die Ausdehnung ist es, welche gestärkt werden muss und: die dringliche Kraft muss vermindert werden (GSZ-DK). Ist das möglich?
Dem Gedankenfluss des unfreien Willen liegt ja das Gegenereignis oder sogar mehrere Gegenereignisse zugrunde. Wie wichtig sind die Gegenereignisse? Wie können wir uns gegen die dringliche Kraft wehren? Die Erfahrung zeigt leider, dass man die dringliche Kraft nur sehr schwer zu packen bekommt. Wir werden schauen, was die Gedankenschule hier ausrichten kann.
Die Beispiele mit den Rollkragenpullovern sollen zeigen, dass der unfreie Wille uns fest im Griff hat, nicht nur vorn am Pullover sondern auch gut zupackend am Rollkragen, der sich dafür bestens eignet. Ähnlich gut eignet sich leider auch unser Denken dafür, dass die dringliche Kraft eine gute Angriffsfläche hat: sinnfreie, unerwünschte und störende Gedankenflüsse behalten die Oberhand. Deshalb besuchen Sie die Gedankenschule. Nun wär es schön, wenn wir den unfreien Willen ebenso schön zu packen bekämen, wie auf diesen Bildern zu sehen ist. So wie ich am roten Pullover und seinem Rollkragen gezogen werde, ziehe ich am grauen Pullover und Rollkragen des unfreien Willens. Wenn wir aber bedenken, wie wenige Leute heutzutage Rollkragenpullover anziehen, dann müssen wir davon ausgehen, dass der unfreie Wille sich ebenso selten dermaßen leicht packen lässt. Die auf diesem Foto dargestellte Situation passt also nur für Gegenereignisse, deren dringlicher Kraft recht gut beizukommen ist, wenigstens dadurch, dass man sie gut zu packen bekommt.
Dieses läuft darauf hinaus, dass wir die Macht der dringlichen Kraft nicht zwingend von der Stärke der Kraft herleiten, sondern von der Möglichkeit, wie wir ihr begegnen können. Wie auf den Fotos kann ich also im besten Falle am Pullover
und am Rollkragen zupacken, genauso wie es mir geschieht. Damit hätten wir aber nur einen und zwar den leichtesten Fall behandelt.
In den Bildern weiter oben hat der aufmerksame Beobachter bemerkt, dass wenigstens eine Hand dessen, der am Pullover gezogen wird, das blaue Sweatshirt vorne gepackt hat und daran zieht; hier rechts im Bild können Sie es noch einmal gut sehen.

Leider müssen wir aber feststellen, dass der unfreie Wille bisweilen nichtmals ein lässiges Sweatshirt trägt, welches sich vorne so gut packen lässt wie der Pullover. Dies wäre ja immerhin noch eine passable Möglichkeit, der dringlichen Kraft zu begegnen.

Nehmen wir das T-Shirt im Bild links als die schlechteste Möglichkeit zuzupacken. Wenn der wählende Wille gefesselt ist, geht ja sowieso gar nichts. Der Fall, dass die Bemerkkraft die Entfesselungskraft nicht aktiviert oder die letztere zu schwach ist, dürfte beim schlichten Genuss aber die Ausnahme sein. Rekaptulieren wir: die trainierte Bemerkkraft macht Ihnen skrutar bewusst, wenn Sie statt des vom wählenden Willen gewünschten Gedankenflusses einen vom unfreien Willen eingeschleusten im imperzepten Bewusstsein bearbeiten. Die Entfesselungskraft reicht in der Regel aus, um den richtigen Gedankenfluss wieder aus dem Unbewussten hervorzuholen und den unerwünschten dahin zu verbannen. Diese Verbannung dauert allerdings oft nicht lange, da die dringliche Kraft nahezu ohne Unterlass auf Sie einwirkt. Der wählende Wille wird immer wieder gefesselt, bei zu untrainierter - oder auch unmotivierter - Bemerkkraft auch für längere Zeit. Die Ausdehnung ist nur gering, der dringliche Widerstand hat es leicht, immer wieder hochzukommen. Er läßt sich nur schwer packen, was können wir ihm und der osmotischen Kraft, die ihn immer wieder aus dem Unbewussten hervorholt, entgegensetzen? Sie ahnen es, wir müssen noch eine neue Kraft oder einen neuen Widerstand definieren, da wir ja die Entfesselungskraft als hierfür nicht zuständig festgestellt haben.

Wir wollen ihn in Abhängigkeit von der Zupackmöglichkeit sehen und der Überschaubarkeit halber nur die drei Kategorien "gut" (vorn am Pullover und gleichzeitig am Rollkragen), "einigermaßen" (nur vorn am lässigen Sweatshirt oder Pulli) und "schlecht" (am T-Shirt) "in den Griff zu bekommen" einführen. Machen Sie sich noch einmal klar, dass wir die Widerstandskraft der Ausdehnung weiter oben schon durchgenommen haben und auch schon eine erste Übung (II) dazu eingeführt haben, die zunächst nur die Aufmerksamkeit auf die Ausdehnung und deren derzeitigen Widerstand gegen die dringliche Kraft zum Inhalt hat (weitere Übungen folgen).
Das, was wir nun der dringlichen Kraft entgegensetzen, damit nicht alles auf der Widerstandskraft der Ausdehnung lastet, muss sich demnach mit der scheinbaren Wichtigkeit des Gegenereignisses auseinandersetzen. Abhängig von der vermeintlichen Macht des Gegenereignisses lässt sich der unfreie Wille gut, einigermaßen oder nur schlecht in den Griff bekommen. Dies alles führt zur Einführung der "Refutation", vom Lateinischen refutare = abweisen, ablehnen, zurückweisen, zurücktreiben, zurückdrängen, in die Schranken weisen. Wir bleiben bei der vereinfachten Unterteilung in gute, mäßige und schlechte Refutation, wie wir sie oben eingeführt haben. Mit welcher Refutation wir der dringlichen Kraft beikommen können, das hängt in erster Linie vom Gegenereignis ab. An dieser Stelle müssen wir natürlich sehr starke induviduelle Unterschiede annehmen: für die eine ist irgendein Ereignis immens wichtig, während der andere dasselbe nur beiläufig überdenkt. Wir können uns hier nur wiederum mit Beispielen behelfen. Nehmen wir unsere erste Geschichte ganz oben, so muss jede und jeder selber prüfen, wie wichtig ihr und ihm die Sache mit dem Autokauf ist. Es bedarf allerdings nur einer kurzen Besinnung, und Sie merken, dass uns die Wichtigkeit eines Ereignisses, welches in unseren Fällen dann das Gegenereignis ist, in der Regel nicht skrutar bewusst ist. Wir erkennen - wenn wir es uns denn dann skrutar bewusst machen (durch die Bemerkkraft) - die Wichtigkeit des (Gegen-)Ereignisses hauptsächlich an der Macht des unfreien Willens, den dazu gehörigen Gedankenfluss mit großem dringlichen Widerstand in unserem Kopf zu verankern. Dieser Gedankenfluss muss nicht sofort unerwünscht sein; die Überlegung, ob das Auto noch zur Reparatur gebracht oder lieber ein anderes gekauft werden soll, ist ja durchaus sinnvoll.

Nur wenn dieser Gedankenfluss sich dann über alle anderen erhebt und nicht mehr aus dem Kopf zu kriegen ist, dann wird er störend wie im Beispiel, wo eigentlich der Genuss des schönen Abends dran war. Schauen Sie sich die beiden Fotos an: die dringliche Kraft ist am Rollkragen deutlich ablesbar! Sie wird auch von sich aus nicht nachlassen, das Gegenereignis = der Ziehende ist hartnäckig. Wie ist nun meine Refutation geartet? Richtig! Der Ziehende hat einen Kapuzenpulli an, so dass ich ihn wenigstens vorne am Pulli packen kann. Mit mäßiger Refutation kann ich somit der dringlichen Kraft begegnen.

Der Gedankenfluss mit dem Inhalt "Autokauf" - um es wieder auf das Beispiel zu übertragen - ist also weder völlig einfach noch gar nicht in den Griff zu bekommen (was natürlich individuell durchaus auch anders sein kann; wir nehmen es jetzt hier für die Person, die im Beispiel den Abend genießen will, einfach mal so an). Aber wie machen wir die Refutation wirksam? Welche Übungen können uns in der Gedankenschule dabei hilfreich sein?
Drei Dinge sind bei der Refutation zu beachten. Erstens ist es wichtig zu schauen, welche Möglichkeit der Refutation ich habe. Kann ich die dringliche Kraft nur schlecht, vielleich mäßig oder sogar gut in den Griff bekommen? (Hat der unfreie Wille ein T-Shirt, ein lässiges Sweatshirt oder sogar einen Rollkragenpullover an?) Zweitens Kann ich an diesem Zustand etwas ändern? Im Deutschen bedeutete das Wort Refutation laut Fremdwörter-Duden früher auch "widerlegen". Ich sollte also versuchen, die Wichtigkeit des Gegenereignisses zu widerlegen. Hier bietet uns der Vergleich mit den Pullovern ein sehr anschauliches Bild: Wenn wir in der Gedankschule nicht aufgepasst haben, dann wird der unfreie Wille so richtig in Fahrt kommen; dabei wird er immer aktiver und ihm wird warm. Was macht er? Er zieht sich den Rollkragenpullover, den Kapuzenpulli, das lässige Sweatshirt aus und steht nur noch im T-Shirt da! Für die Refutation ganz übel. Wenn wir aber in der Gedankenschule gelernt und auch geübt haben, wie wir widerlegen können, dass er tatsächlich so mächtig ist, dann muss er sich warm anziehen. Er holt sich ein Sweatshirt oder einen Pulli und die Refutation gewinnt an Möglichkeiten. Auch beim Dritten können wir die Pullover-Analogie gut verwenden: ich muss meine Refutationsmöglichkeit auch ausnutzen!

Wenn ich von jemandem gerollkragenpullovert werde, wie es so schön heißt - und für die Gedankenschule müssen wir annehmen, dass wir der dringlichen Kraft immer eine derartig gute Zugriffsmöglichkeit bieten, wie es der Rollkragenpullover in einer Rangelei nun mal tut -, der selbst einen Rollkragenpullover anhat, dann wäre ich schön dumm, wenn ich ihn nicht auch am Pullover
und am Kragen packen und ziehen würde, bevor er mich gefesselt hat. Und hat er einen normalen Pullover oder ein Sweatshirt an, so muss ich wenigstens dies ausnutzen und ihn vorne am Pulli packen. Die Möglichkeiten, die meine Refutation hat, sind also unbedingt wahrzunehmen. Im Bild links sieht man sehr schön, wie das blaue Sweatshirt meine Refutation aushalten muss. Es findet tatsächlich in unserem Kopf eine regelrechte Rangelei statt, so wie auf den Fotos. Wer sich darauf nicht einlassen will, wird mit einem gefesselten Willen durchs Leben gehen (Bild rechts). Wer sich aber klar ist, dass es ohne dieses Gerangel nicht gehen wird, die und der wird hier in der Gedankenschule einiges lernen können, um nicht ständig den Kürzeren zu ziehen.
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